Deutschland weiß, was es braucht, um sein Schulsystem zu verbessern. Doch beim „Wie“ hapert es. Viele Reformideen scheitern nicht an mangelnder Erkenntnis, sondern an der Umsetzung. Unsere neue Entscheider:innenbefragung zeigt, worauf es ankommt, wenn Veränderung im Schulsystem tatsächlich gelingen soll.

Über 40 führende Stimmen aus Bildungspolitik und -verwaltung, von Minister über Abteilungsleiterin bis hin zur Schulaufsicht, haben mit uns darüber gesprochen, was erfolgreiche Reformen möglich macht. Das Ergebnis: Acht zentrale Hebel, von klaren Zielbildern über Datenkultur bis zu Innovationen und Beteiligung. Über alle Hebel hinweg zeigt sich dabei: Erfolgreiche Reformansätze für das deutsche Schulsystem beruhen auf gemeinsamen Verantwortungsgemeinschaften und einer Haltung, die Lernen auch auf Systemebene ermöglicht.

Acht Hebel für gelingende Schulreformen

Wie lassen sich Reformprozesse im Schulsystem erfolgreich gestalten? Die von uns befragten Entscheider:innen haben acht zentrale Hebel identifiziert.

  1. Klare Zielbilder und Praxisnähe:
    Reformen brauchen eine gemeinsame Vision – konkret, evidenzbasiert und gemeinsam mit der Schulpraxis entwickelt. Wenn Lehrkräfte und Schulleitungen an der Zielformulierung beteiligt sind, steigen Akzeptanz und Umsetzungskraft.
  2. Kontinuität trotz Politikwechsel:
    Regierungswechsel bremsen oft Reformprozesse. Stabilität entsteht durch strategische Steuerung auch jenseits der politischen Spitze und durch verbindliche Übergabeprozesse.
  3. Sichtbare Erfolge kommunizieren:
    Gerade zu Beginn zählen schnelle, greifbare Fortschritte. Wer diese Erfolge sichtbar macht, schafft Vertrauen und hält das Momentum für Veränderung aufrecht.
  4. Prozesssteuerung ernst nehmen:
    Reformprozesse müssen Kapazitäten aufbauen, statt zusätzlich zu belasten. Gute Koordination und Priorisierung sind entscheidend.
  5. Veränderungskompetenzen stärken:
    Reformen gelingen nur, wenn alle Ebenen Veränderung gestalten können. Noch werden fehlende Kompetenzen oft nur der Schulpraxis attestiert, dabei muss auch die Bildungsverwaltung Change-Kompetenz aufbauen.
  6. Beteiligung früh und wirksam gestalten:
    Wer Akteur:innen früh einbindet, erhöht die Erfolgschancen. Entscheidend ist, dass ihre Beiträge sichtbar in Entscheidungen einfließen – sonst droht Vertrauensverlust.
  7. Daten als Lernressource nutzen:
    Eine neue Datenkultur ist gefragt: Daten sollten nicht zur Kontrolle, sondern zum Lernen und gemeinsamen Verstehen dienen; zwischen Schulen, Schulaufsicht und Ministerium.
  8. Innovation systematisch fördern:
    Viele gute Ideen entstehen vor Ort. Damit daraus Bewegung im ganzen System wird, braucht es verlässliche Strukturen, die Handlungsspielräume eröffnen, Verantwortung ermöglichen und Vertrauen schaffen.

 

Change Learning: Lernen als Prinzip des Wandels – Wie Schulsysteme Transformation gestalten können

Die Befragung ist Teil des Auftakts unseres Projekts Change Learning – Gemeinsam zum lernenden Schulsystem. Wir wollen verstehen, wie Veränderung gelingt, und Akteur:innen insbesondere auch in der Ministerialverwaltung darin stärken, sie selbst zu gestalten: mit Kompetenz, Kapazität und einer Kultur des Miteinanders. Denn ein lernendes Schulsystem entsteht nicht durch immer neue Reformen, sondern durch die Fähigkeit, aus Erfahrung zu lernen und gemeinsam zielorientiert zu handeln.